Neben der Kooperation mit dem medizinischen Dienst der Deutsche Lufhansa AG (LGBS) erhalte ich Begutachtungsaufträge u.a. vom LBA, BAF oder Anfragen von Fliegerärzten.
Da sich die direkten Anfragen von BewerberInnen für ein Medical häufen, möchte ich hier ein paar grundsätzliche Informationen zum Hintergrund der flugmedizinischen Begutachtung, den Abläufen und den Kosten zusammenfassen.
Diese Seite soll auch dazu dienen, die Abläufe zu straffen und Zeit zu sparen. Für Sie und für mich. Die grundsätzlichen Fragen, die in Anfragen per Email und Telefon gestellt werden, habe ich hier mit ein bisschen mehr Hintergrundinformationen zusammengefasst.
EU-Regulierung (Regulation (EU) No 1178/2011)
Die Grundlage für die Beurteilung der flugmedizinischen Tauglichkeit findet sich im Annex IV (Part-MED), gegliedert für die unterschiedlichen Medical-Klassen (Klasse 1, 2 und LAPL sowie Cabin-Crew (aktuelle Version Dez. 2024). Für den Bereich Mental Health, in den die frühere Unterteilung Psychiatry und Psychology seit einigen Jahren sinnvoller Weise zusammen gefasst sind, unterscheiden sich die grundsätzlichen Anforderungen nicht wesentlich. Wie üblich in Regulierungen und Gesetzen, sind die dortigen Bezeichnungen und Klassifizierungen psychischer Störungen nicht sehr differenziert und spiegeln nicht die Aufteilung der aktuellen diagnostischen Klassifikationen wieder.
Die flugmedizinische Logik ist dabei recht simpel.
- 1. Liegt oder lag eine Erkrankung vor? Wenn ja: welche.
- 2. Ist die Erkrankung behandelt und remittiert oder liegen noch Symptome vor? Resultieren daraus Einschränkungen, die die sichere Ausübung der Lizenz beeinträchtigen?
- 3. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit und das Risiko, dass es zu einer erneuten Krankheitsphase kommt.
Insbesondere der letzte Punkt ist für die flugmedizinische Beurteilung von Bedeutung. Während das sehr simpel beschriebene Modell für alle denkbaren Erkrankungen gilt, also nicht nur für den Bereich Mental Health, sind die zu berücksichtigenden Faktoren hier sehr viel komplexer. Leitlinien zu den häufigsten psychischen Störungen wie der Depression bieten kaum Anhaltspunkte, aber auch wissenschaftliche Publikationen helfen nur bedingt.
Die Beurteilung muss somit im Wesentlichen auf individueller Basis erfolgen. Hilfreich und sinnvoll sind dabei die Begutachtungsstandards zu psychischen und psychosomatischen Störungen (s. AWMF). Kurz gefasst bedeutet dies, dass die Art der Erkrankung, der Erkrankungsverlauf, bisherige Therapie sowie die Krankheitsverarbeitung zu berücksichtigen sind, ebenso das individuelle Störungsmodell, die resultierenden Lösungsmöglichkeiten und Copingstrategien.
notwendige Unterlagen
Psychische Störungen müssen gutachterlich, unabhängig vom Rechtsgebiet, über die Lebensspanne betrachtet werden. Dies sollte auch in der alltäglichen Behandlung der Fall sein. D.h. aber auch, dass alle Informationen über frühere Behandlungen berücksichtigt werden müssen.
Ein Appell an die Behandelnden: Behandlungsberichte sollten sich nicht auf technische Beschreibungen beschränken, sondern möglichst klar die Symptomatik zu Beginn einschließlich der Anamnese, durchgeführte Diagnostik, nachvollziehbare diagnostische Einordnung, den Behandlungsverlauf und ebenfalls möglichst plastisch eingetretene Veränderungen beschreiben. – Wünschenswert ist selbstverständlich, dass konkrete Faktoren benannt werden, die die Stabilität begünstigen und was in Krisen führen kann, was im Sinne eines individuellen Krankheitsmodells Inhalt jeder Therapie sein sollte. – In vielen Fällen kann das schon ausreichen, um ein zusätzliches flugmedizinisch-psychiatrisches Gutachten überflüssig zu machen.
Neben den Vorbefunden ist eine persönliche psychiatrische Untersuchung erforderlich. In der Regel ist hierfür ein Termin ausreichend, der allerdings zwischen zwei und vier Stunden in Anspruch nimmt. Auch hier gilt, dass anhand der vorab zur Verfügung gestellten Unterlagen der Aufwand und mögliche Zusatzuntersuchungen (Testpsychologie, Neuropsychologie) eingeplant werden können. – Eine Begutachtung per Videokonferenz ist nicht möglich.
zeitliche Planung und Ablauf
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich aufgrund zahlreicher Anfragen und bestehender Verpflichtungen kein Gutachten von heute auf morgen erstellen kann. In der Regel ist der zeitliche Horizont von rund drei Monaten realistisch, kann je nach Auslastung aber auch länger sein.
Was können Sie zur Beschleunigung beitragen? – das erste tun Sie schon: diese Seite lesen. Wenn Sie dann auch vorab noch alle Vorbefunde sammeln und verfügbar machen können, ist dies ein wichtiger Beitrag. Ich bitte Sie zu bedenken, dass gerade in Widerspruchs- und Verweisungsverfahren, oder wenn Ihr AME mit den Vorberichten noch keine Entscheidung treffen konnte, die Unterlagen ergänzt und komplettiert werden sollten (s.a. Appell an Behandler).
Wenn Sie alle Unterlagen vorliegen haben, können wir über das konkrete Vorgehen sprechen. Sie erhalten von mir dann eine Kostenübernahmeerklärung und Schweigepflichtentbindung gegenüber Ihrem AME und ggfs. dem LBA zugeschickt, für die Übermittlung von Unterlagen stelle ich einen Passwort-geschützen und DSGVO-konformen Uploadordner zur Verfügung.
Nach dem Upload sichte ich die Unterlagen und teile Ihnen mit, ob sich daraus zusätzliche Fragen ergeben und evtl. Ergänzungen notwendig sind. – Ebenfalls wird, wenn möglich, ein Termin für die Untersuchung abgestimmt. – Wenn die Untersuchung erfolgt ist, wird das Gutachten meistens innerhalb von 2 Wochen fertig gestellt.
Kosten
Eine pauschale Angabe, was das Gutachten kostet, ist nicht möglich. Dies ist abhängig vom Aufwand, wobei ich die Stundensätze und Berechnungsregeln ansetze, wie sie auch bei Gerichtsgutachten nach dem JVEG (Kostensatz M3) angewandt werden.
Die Rechnung setzt sich aus den Positionen Vorbereitung, Untersuchung, ggfs. Testauswertungen, Aktenstudium (Vorbefunde), Ausarbeitung und Abfassung, Diktat und Korrektur zusammen. Hinzu kommen Schreibgebühren und selbstverständlich ist die Leistung umsatzsteuerpflichtig.